Darf ich den zukünftigen Arbeitgeber im Bewerbungsgespräch über meinen Gesundheitszustand täuschen und welche Konsequenzen drohen mir? – Leserfrage Blickpunkt Potsdam

Geschrieben in Arbeitsrecht,Leserfragen von Thomas Ewert 17.03.2012

Artikel_17_03_12Darf ich den zukünftigen Arbeitgeber im Bewerbungsgespräch über meinen Gesundheitszustand täuschen und welche Konsequenzen drohen mir?

Das kommt auf den jeweiligen Einzelfall an. So hat das Bundesarbeitsgericht am 07.07.2011 entschieden, dass ein Arbeitnehmer bei der Frage nach einer Schwerbehinderung grundsätzlich das Recht zur Lüge hat, wenn diese in keinem Zusammenhang mit der geschuldeten Arbeitsleistung steht. Anders ist der Fall zu beurteilen, den das Landesarbeitsgericht Hessen entschieden hat und über dessen Ergebnis das Gericht in seiner Pressemitteilung vom 31.01.2012 informierte. Das Gericht entschied, dass der Arbeitgeber den Arbeitsvertrag wegen arglistiger Täuschung anfechten kann, wenn ein Arbeitnehmer bewusst über persönliche Eigenschaften täuscht, die gerade für das zukünftige Arbeitsverhältnis von Bedeutung sind. Im entschiedenen Fall schloss der Arbeitnehmer einen Arbeitsvertrag ab, in dem er sich ausdrücklich verpflichtete Nacht- und Wechselschicht zu leisten. Dem Arbeitnehmer lagen jedoch mehrere ärztliche Bescheinigungen vor, aus denen sich ergab, dass ein Verzicht auf Nachtarbeit aus ärztlicher Sicht dringend geboten ist. Der Arbeitnehmer wusste also bereits bei Vertragsunterzeichnung, dass er aus gesundheitlichen Gründen nicht zur Nachtarbeit eingesetzt werden kann. Nach Ansicht des Gerichts sei durch diese Täuschung über die nach dem Vertrag vorausgesetzte Schicht- und Nachtschichttauglichkeit der Arbeitgeber arglistig zum Abschluss des Vertrages bestimmt worden. Deshalb dürfe er den Vertrag anfechten und das Arbeitsverhältnis beenden. Weitere Informationen zum Arbeitsrecht: www.kanzlei-ewert.de; Der Autor ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein.