Hat eine Steuerhinterziehung auch Auswirkungen auf mein Arbeitsverhältnis? – Leserfrage Blickpunkt Potsdam

Geschrieben in Arbeitsrecht,Leserfragen von Thomas Ewert 15.02.2014

Artikel_15_02_14Hat eine Steuerhinterziehung auch Auswirkungen auf mein Arbeitsverhältnis?

Neben strafrechtlichen drohen auch arbeitsrechtliche Konsequenzen. Der Arbeitnehmer muss nach einem Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 07.01.2014, auf welches das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein am 31.01.2014 in einer Pressmitteilung hinweist, zumindest mit einer ordentlichen Kündigung rechnen. Im entschiedenen Fall hatte eine langjährige Mitarbeiterin eines Reinigungsunternehmens, die auch als Vorarbeiterin und Objektleiterin beschäftigt wurde, einen Teil ihrer Arbeitsleistung über zwei geringfügig beschäftigte Mitarbeiter abrechnen lassen, die ihr das Geld dann auszahlten. So steigerte die Mitarbeiterin ihr Nettoeinkommen. Die Mitarbeiterin trug vor, der Betriebsleiter habe diese Abrechnung vorgeschlagen. Diesen Einwand ließ das Arbeitsgericht jedoch nicht zu. Nach Ansicht der Richter habe die Mitarbeiterin nicht ernsthaft damit rechnen dürfen, dass die unter Umständen vom Betriebsleiter vorgeschlagene Vorgehensweise von der auswärtigen Geschäftsleitung gebilligt werde. Grundsätzlich sei zwar bei verhaltensbedingten Gründen vor einer Kündigung eine Abmahnung auszusprechen, damit der Mitarbeiter sein Fehlverhalten erkennen und abstellen kann. Die Abmahnung hielt das Gericht hier jedoch für entbehrlich. Die Mitarbeiterin habe in erster Linie sich selbst begünstigt. Die fristlose Kündigung wurde jedoch wegen eines formalen Fehlers für unwirksam erklärt. Nach Erhalt einer Kündigung muss innerhalb von 3 Wochen Kündigungsschutzklage erhoben werden, sonst werden auch rechtswidrige oder formal fehlerhafte Kündigungen wirksam. Gerade bei einer fristlosen bzw. verhaltensbedingten Kündigung droht zudem eine Sperrfrist beim Arbeitslosengeld, wenn die Kündigung wirksam wird. Weitere Informationen zum Arbeitsrecht: www.kanzlei-ewert.de; Der Autor ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein.


Kann ich mich auch gegen eine Abmahnung zur Wehr setzen, wenn diese teilweise zutreffend ist? – Leserfrage Blickpunkt Potsdam

Geschrieben in Arbeitsrecht,Leserfragen von Thomas Ewert 18.01.2014

Artikel_18_01_14Kann ich mich auch gegen eine Abmahnung zur Wehr setzen, wenn diese teilweise zutreffend ist?

Ja. Nach einem Urteil des Arbeitsgerichts Berlin hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Entfernung einer Abmahnung aus seiner Personalakte, wenn auch nur Teile der darin erhobenen Vorwürfe unberechtigt sind. Grundsätzlich trägt der Arbeitgeber die sogenannte Beweislast für die in einer Abmahnung behaupteten Vorwürfe. Kann der Arbeitgeber im Prozess auch nur einen Teil dieser Vorwürfe nicht nachweisen, muss er die gesamte Abmahnung aus der Personalakte des Mitarbeiters entfernen. Damit können aus der Abmahnung können keine negativen Folgen für den Arbeitnehmer mehr entstehen. Im entschiedenen Fall hatte ein Arbeitgeber aus dem Lebensmittel-Einzelhandel seinem Mitarbeiter eine Abmahnung ausgesprochen, weil dieser abgelaufene Lebensmittel nicht aus dem Verkauf entfernt hatte. Im Prozess konnte der Arbeitgeber jedoch nicht nachweisen, dass bei sämtlichen behaupteten Artikeln das Mindesthaltbarkeitsdatum bei der Inspektion des Arbeitnehmers bereits überschritten war. Das Arbeitsgericht wies weitergehend darauf hin, dass die Beweislast auch für die behaupteten Folgen eines behaupteten Verstoßes gelte. Daher müsse die Abmahnung auch dann entfernt werden, wenn die vom Arbeitgeber behaupteten Folgen nicht bewiesen werden können. Sie sollten sich daher nach Erhalt einer Abmahnung rechtlich beraten lassen, weil die hohen Anforderungen an eine Abmahnung oft nicht eingehalten werden. Bedenken Sie, dass mit einer Abmahnung oft eine verhaltensbedingte Kündigung vorbereitet werden soll. Weitere Informationen zum Arbeitsrecht: www.kanzlei-ewert.de; Der Autor ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein.


Welche Rechte kann ich geltend machen, wenn mir während der Schwangerschaft gekündigt wird? – Leserfrage Blickpunkt Potsdam

Geschrieben in Arbeitsrecht,Leserfragen von Thomas Ewert 04.01.2014

Artikel_04_01_14Welche Rechte kann ich geltend machen, wenn mir während der Schwangerschaft gekündigt wird?

Zunächst ist die Kündigung unwirksam, weil der besondere Kündigungsschutz des § 9 Mutterschutzgesetz gilt. Wenn dem Arbeitgeber die Schwangerschaft nicht bekannt war, sind Sie verpflichtet diese innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung dem Arbeitgeber mitzuteilen. Weiterhin müssen Sie innerhalb von drei Wochen Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht erheben, weil sonst auch eine unrechtmäßige Kündigung wirksam wird. Weiterhin hat das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 12.12.2013 entschieden, dass eine Kündigung unter Verstoß gegen das Mutterschutzgesetz auch einen Entschädigungsanspruch der Arbeitnehmerin nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz wegen Diskriminierung aufgrund des Geschlechts auslösen kann. Im entschiedenen Fall hatte der Arbeitgeber zunächst versucht die Schwangere dazu zu bewegen das ärztliche Beschäftigungsverbot zu ignorieren. In der weiteren Folge wurde festgestellt, dass das Kind im Mutterleib gestorben war und die Arbeitnehmerin sich am Folgetag einem Eingriff unterziehen muss. Als die Mitarbeiterin den Arbeitgeber von dieser Entwicklung in Kenntnis setzte kündigte dieser noch am selben Tag das Arbeitsverhältnis. Das Bundesarbeitsgericht bestätigte aufgrund dieses Verhaltens des Arbeitgebers das Urteil des Landesarbeitsgerichts, das nach Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung zusätzlich eine Entschädigung in Höhe von 3.000,00 Euro wegen dieser Kündigung zugesprochen hat. Nach Erhalt einer Kündigung sollten Sie sich rechtlich beraten lassen, um Ihre Rechte umfassend zu wahren. Weitere Informationen zum Arbeitsrecht: www.kanzlei-ewert.de; Der Autor ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein.


Muss der Arbeitgeber mir auch den Lohn im Krankheitsfall fortzahlen, wenn ich mich bei einem einmaligen Wutausbruch im Betrieb selbst verletze? – Leserfrage Blickpunkt Potsdam

Geschrieben in Arbeitsrecht,Leserfragen von Thomas Ewert 21.12.2013

Artikel_21_12_13Muss der Arbeitgeber mir auch den Lohn im Krankheitsfall fortzahlen, wenn ich mich bei einem einmaligen Wutausbruch im Betrieb selbst verletze?

Ja. Das Hessische Landesarbeitsgericht hat in seiner Pressemitteilung vom 18.11.2013 auf ein Urteil vom 23.07.2013 hingewiesen. Im entschiedenen Fall hatte ein Gabelstaplerfahrer eines Baumarktes selbst ein Plexiglasdach am Gabelstapler befestigt, um bei der Arbeit vor Regen geschützt zu sein. Bei einer Prüfung wies ihn der Sicherheitsbeauftragte des Betriebes an das Dach wieder abzubauen. Daraufhin wurde der Mitarbeiter so wütend, dass er mehrmals mit der Faust gegen ein Schild schlug und sich dabei die Hand brach. Der Arbeitgeber weigerte sich Lohnfortzahlung für die sechswöchige Arbeitsunfähigkeit zu leisten, die aus der Verletzung resultierte. Das Gericht verurteilte den Arbeitgeber jedoch zur Entgeltfortzahlung. Ein Ausschluss der Entgeltfortzahlung erfordere vielmehr einen groben Verstoß gegen das eigene Interesse eines verständigen Menschen. Damit werden nur Handlungen erfasst, bei denen der Arbeitnehmer grob fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt hat. Nach Ansicht der Richter sei hier nicht zu erkennen gewesen, dass der Mitarbeiter seine Verletzung bewusst herbeigeführt habe. Er hätte zwar damit rechnen müssen, dass er mit den Schlägen auf das Schild Verletzungen riskiert. Nach Meinung des Gerichts spreche jedoch gegen eine grobe Fahrlässigkeit, dass der Mitarbeiter aus Wut und Erregung kurzzeitig die Kontrolle über sein Handeln verloren habe. Weitere Informationen zum Arbeitsrecht unter: www.kanzlei-ewert.de; Der Autor ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein.

Ich wünsche Ihnen besinnliche Weihnachtstage und einen guten Start in ein erfolgreiches und glückliches Jahr 2014.


Entscheidet meine Rechtsschutzversicherung, ob ich einen Rechtsanwalt mit der Bearbeitung meines Problems beauftragen darf? – Leserfrage Blickpunkt Potsdam

Geschrieben in Arbeitsrecht,Leserfragen,Verkehrsrecht,Versicherungsrecht von Thomas Ewert 23.11.2013

Artikel_23_11_13Entscheidet meine Rechtsschutzversicherung, ob ich einen Rechtsanwalt mit der Bearbeitung meines Problems beauftragen darf?

Nein. Sie haben das Recht auf freie Anwaltswahl und auf Erstattung der Rechtsberatungskosten bei einem Rechtsschutzfall. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 07.11.2013 entschieden, dass dieses Recht allgemeingültig und verbindlich ist. Die Interessen der Versicherten sollen umfassend geschützt werden. Die Rechtsschutzversicherung war im entschiedenen Fall der Ansicht, es sei nicht erforderlich gewesen einen Rechtsanwalt zu beauftragen. Vielmehr hätte die Angelegenheit auch durch einen Mitarbeiter der Rechtsschutzversicherung bearbeitet werden können. Aus diesem Grund hatte die Rechtsschutzversicherung die Übernahme der Rechtsberatungskosten abgelehnt. Dies ist jedoch nicht zulässig. Das Gericht hat ausdrücklich klargestellt, dass die Rechtsschutzversicherung die Übernahme der Kosten nicht deswegen verweigern dürfe, weil nach ihrer Ansicht die Inanspruchnahme eines externen vom Versicherungsnehmer frei gewählten Rechtsvertreters nicht notwendig gewesen sei. Es liegt damit nicht in dem Ermessen der Rechtsschutzversicherung ob der Versicherte einen Rechtsanwalt seiner Wahl beauftragen darf. Damit hat der EuGH das besondere Vertrauensverhältnis zwischen dem Rechtsanwalt und seinem Mandanten gestärkt. Nehmen Sie bei einem rechtlichen Problem Kontakt mit dem Rechtsanwalt Ihres Vertrauens auf und klären Sie die weitere Vorgehensweise mit diesem ab. Sie würden sich von Ihrer Krankenkasse ja auch nicht vorschreiben lassen, ob und welchen Arzt Sie im Falle einer Erkrankung aufsuchen dürfen. Weitere Informationen zum Verkehr- und Arbeitsrecht: www.kanzlei-ewert.de; Der Autor ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht und Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein.


Darf mir meine Rechtsschutzversicherung vorschreiben, welcher Rechtsanwalt mich in einem Rechtsstreit vertreten darf? – Leserfrage Blickpunkt Potsdam

Geschrieben in Arbeitsrecht,Leserfragen,Verkehrsrecht,Versicherungsrecht von Thomas Ewert 07.07.2012

Artikel_07_07_12Darf mir meine Rechtsschutzversicherung vorschreiben, welcher Rechtsanwalt mich in einem Rechtsstreit vertreten darf?

Nein. Die freie Anwaltswahl ist in § 127 des Versicherungsvertragsgesetz (VVG) gesetzlich festgeschrieben. Dort heißt es: „Der Versicherungsnehmer ist berechtigt, zu seiner Vertretung in Gerichts- und Verwaltungsverfahren den Rechtsanwalt, der seine Interessen wahrnehmen soll … frei zu wählen.“ Einige Rechtsschutzversicherungen sprechen in der Deckungszusage oder bei einer telefonischen Anfrage eine Empfehlung für einen Rechtsanwalt aus, der Sie vertreten kann. Das ist jedoch nur eine Empfehlung. Letztlich können Sie einen Rechtsanwalt Ihres Vertrauens beauftragen, der aus Ihrer Sicht Ihre Interessen am besten vertritt und zu dem ein Vertrauensverhältnis besteht. Auch bei einem Arztbesuch lassen Sie sich von der Krankenversicherung den Arzt nicht vorschreiben, sondern wählen einen Arzt Ihres Vertrauens. Zudem informierte die Rechtsanwaltskammer Brandenburg in ihrem Newsletter vom 25.06.2012 über ein Urteil des Oberlandesgerichts Bamberg. Dieses hob ein Urteil des Landgerichts Bamberg im Berufungsverfahren auf. Die Rechtsanwaltskammer Brandenburg führte aus: „Damit wurde der verklagten Rechtsschutzversicherung verboten, von ihren Versicherungsnehmern eine höhere Selbstbeteiligung bei späteren Schadensfällen zu verlangen, wenn im aktuell gemeldeten Schadensfall nicht eine vom Versicherer empfohlene Kanzlei, sondern ein vom Versicherungsnehmer selbst gewählter Anwalt mandatiert wird.“ Das Urteil hat das gesetzlich gesicherte Recht der Versicherungsnehmer bestätigt, den Anwalt frei wählen zu dürfen, ohne dass negative Folgen im Rechtsschutzversicherungsvertrag eintreten. Weitere Informationen: www.kanzlei-ewert.de; Der Autor ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht und Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein.


Welche Konsequenzen drohen mir, wenn ich eine Strafanzeige gegen meinen Arbeitgeber stelle bzw. einer Behörde Informationen zuleite, die zu Ermittlungen gegen meinen Arbeitgeber führt? – Leserfrage Blickpunkt Potsdam

Geschrieben in Arbeitsrecht,Leserfragen von Thomas Ewert 26.05.2012

Artikel_26_05_12Welche Konsequenzen drohen mir, wenn ich eine Strafanzeige gegen meinen Arbeitgeber stelle bzw. einer Behörde Informationen zuleite, die zu Ermittlungen gegen meinen Arbeitgeber führt?

Die Auswirkungen dieses sogenannten „Whistleblowings“ sind noch nicht abschließend geklärt. Allerdings hat das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein in seinem Urteil vom 20.03.2012 entschieden, das Arbeitsverhältnis in einem solchen Fall gemäß § 9 Kündigungsschutzgesetz gegen Zahlung einer Abfindung vom Arbeitgeber an den Arbeitnehmer aufzulösen, da eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwartet werden könne. Eine solche Auflösung gegen Zahlung einer Abfindung kann das Arbeitsgericht auf Antrag einer Partei vornehmen, wenn eine ausgesprochene Kündigung zwar unwirksam ist, jedoch entweder dem Arbeitnehmer oder dem Arbeitgeber eine weitere Zusammenarbeit nicht zugemutet werden kann. Das Gericht begründete die Entscheidung vor allem damit, dass der Arbeitnehmer nach dem Ausspruch einer Kündigung zielgerichtet die Anzeige gegen seinen Arbeitgeber erstattete, ohne vorher eine Klärung innerhalb des Betriebes mit seinem Arbeitgeber zu versuchen. Daher müsse der Arbeitgeber erwarten, dass bei künftigen Meinungsverschiedenheiten mit dem Arbeitnehmer von diesem stets ohne vorherigen Klärungsversuch externe Behörden eingeschaltet werden und es möglicherweise zu weiteren Strafanzeigen kommt. Dies sei jedoch dem Arbeitgeber und auch dem Betriebsfrieden nicht zumutbar. Lassen Sie sich daher bei Unstimmigkeiten mit dem Arbeitgeber frühzeitig rechtlich beraten, um keine Fehler zu machen, die später nicht mehr zu beheben sind. Weitere Informationen zum Arbeitsrecht: www.kanzlei-ewert.de; Der Autor ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein.


Darf ich die Frage des Arbeitgebers nach einer Schwerbehinderung auch in einem bestehenden Arbeitsverhältnis wahrheitswidrig verneinen? – Leserfrage Blickpunkt Potsdam

Geschrieben in Arbeitsrecht,Leserfragen von Thomas Ewert 28.04.2012

Artikel_28_04_12Darf ich die Frage des Arbeitgebers nach einer Schwerbehinderung auch in einem bestehenden Arbeitsverhältnis wahrheitswidrig verneinen?

In der letzten Leserfrage habe ich darauf hingewiesen, dass unter bestimmten Umständen im Bewerbungsgespräch Fragen des Arbeitsgebers auch wahrheitswidrig beantwortet werden dürfen. Hier hatte ich als Beispiel die Frage nach einer Schwerbehinderung genannt, soweit diese in keinem Zusammenhang mit der geschuldeten Arbeitsleistung steht. Wie verhält es sich jedoch in einem bestehenden Arbeitsverhältnis? Hier hat das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 16.02.2012 eine wichtige Entscheidung getroffen und hierüber in einer Pressemitteilung informiert. Nach Ansicht des Gerichts darf die Frage des Arbeitsgebers nach einer Schwerbehinderung bzw. nach einer Gleichstellung mit einem Schwerbehinderten in einem mindestens sechs Monate bestehenden Arbeitsverhältnis nicht wahrheitswidrig beantwortet werden. Die Richter sehen den Unterschied darin, dass der Arbeitnehmer nach sechs Monaten bereits den Sonderkündigungsschutz nach § 85 SGB IX erlangt habe und damit nur nach Zustimmung des Integrationsamtes gekündigt werden dürfe. Der Arbeitgeber habe ein Interesse daran zu erfahren, gerade wenn z.B. betriebsbedingte Kündigungen geplant sind, bei welchen Arbeitnehmern eine Schwerbehinderung vorliegt, die bei der Sozialauswahl zu berücksichtigen ist und bei der vor Ausspruch der Kündigung zunächst die Zustimmung des Integrationsamtes eingeholt werden muss. Nach Ansicht der Richter soll es dem Arbeitgeber durch die Frage nach einer Schwerbehinderung ermöglicht werden, sich rechtstreu zu verhalten. Weitere Informationen zum Arbeitsrecht: www.kanzlei-ewert.de; Der Autor ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein.


Darf ich den zukünftigen Arbeitgeber im Bewerbungsgespräch über meinen Gesundheitszustand täuschen und welche Konsequenzen drohen mir? – Leserfrage Blickpunkt Potsdam

Geschrieben in Arbeitsrecht,Leserfragen von Thomas Ewert 17.03.2012

Artikel_17_03_12Darf ich den zukünftigen Arbeitgeber im Bewerbungsgespräch über meinen Gesundheitszustand täuschen und welche Konsequenzen drohen mir?

Das kommt auf den jeweiligen Einzelfall an. So hat das Bundesarbeitsgericht am 07.07.2011 entschieden, dass ein Arbeitnehmer bei der Frage nach einer Schwerbehinderung grundsätzlich das Recht zur Lüge hat, wenn diese in keinem Zusammenhang mit der geschuldeten Arbeitsleistung steht. Anders ist der Fall zu beurteilen, den das Landesarbeitsgericht Hessen entschieden hat und über dessen Ergebnis das Gericht in seiner Pressemitteilung vom 31.01.2012 informierte. Das Gericht entschied, dass der Arbeitgeber den Arbeitsvertrag wegen arglistiger Täuschung anfechten kann, wenn ein Arbeitnehmer bewusst über persönliche Eigenschaften täuscht, die gerade für das zukünftige Arbeitsverhältnis von Bedeutung sind. Im entschiedenen Fall schloss der Arbeitnehmer einen Arbeitsvertrag ab, in dem er sich ausdrücklich verpflichtete Nacht- und Wechselschicht zu leisten. Dem Arbeitnehmer lagen jedoch mehrere ärztliche Bescheinigungen vor, aus denen sich ergab, dass ein Verzicht auf Nachtarbeit aus ärztlicher Sicht dringend geboten ist. Der Arbeitnehmer wusste also bereits bei Vertragsunterzeichnung, dass er aus gesundheitlichen Gründen nicht zur Nachtarbeit eingesetzt werden kann. Nach Ansicht des Gerichts sei durch diese Täuschung über die nach dem Vertrag vorausgesetzte Schicht- und Nachtschichttauglichkeit der Arbeitgeber arglistig zum Abschluss des Vertrages bestimmt worden. Deshalb dürfe er den Vertrag anfechten und das Arbeitsverhältnis beenden. Weitere Informationen zum Arbeitsrecht: www.kanzlei-ewert.de; Der Autor ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein.


Ist eine Kündigung, die mein Arbeitgeber meinem Ehepartner übergibt wirksam? – Leserfrage Blickpunkt Potsdam

Geschrieben in Arbeitsrecht,Leserfragen von Thomas Ewert 09.07.2011

Artikel_09_07_11Ist eine Kündigung, die mein Arbeitgeber meinem Ehepartner übergibt wirksam?

Grundsätzlich ja. Das Bundesarbeitsgericht hat in seinem Urteil vom 09.06.2011 sogar entschieden, dass die Kündigung als wirksam zugestellt gilt, wenn sie dem Ehepartner außerhalb der gemeinsamen Wohnung übergeben wird. Das Bundesarbeitsgericht führte in seiner Presseerklärung dazu aus, dass eine Kündigung zwar erst wirksam werde, wenn sie dem Kündigungsgegner zugegangen sei. Der Kündigende trage insoweit das Risiko des Zugangs der Kündigungserklärung. Diese sei erst dann zugegangen, wenn sie so in den Machtbereich des Arbeitnehmers gelange, dass dieser unter gewöhnlichen Umständen von ihrem Inhalt Kenntnis nehmen könne. Der Arbeitgeber könne das Kündigungsschreiben jedoch auch einer Person übergeben, die mit dem Arbeitnehmer in einer Wohnung lebe und aufgrund ihrer Reife und Fähigkeiten geeignet erscheine, das Schreiben an den Arbeitnehmer weiterzuleiten. Dies sei in der Regel bei Ehegatten der Fall. Im entschiedenen Fall hatte sich die Klägerin nach einem Streit von ihrem Arbeitsplatz entfernt und der Arbeitgeber hat die Kündigung dem Ehemann durch einen Boten an dessen Arbeitsplatz zugestellt. Beachten Sie vor allem, dass ab dem Zeitpunkt der wirksamen Zustellung, also auch ab der Übergabe an den Ehepartner, die dreiwöchige Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage beginnt. Weitere Informationen zum Arbeitsrecht unter: www.kanzlei-ewert.de

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