„Wer Auffährt hat Schuld“, gilt dies auch wenn ich auf der Autobahn auf ein Fahrzeug auffahre, dass kurz zuvor die Fahrspur gewechselt hat? – Leserfrage Blickpunkt Potsdam
„Wer Auffährt hat Schuld“, gilt dies auch wenn ich auf der Autobahn auf ein Fahrzeug auffahre, dass kurz zuvor die Fahrspur gewechselt hat?
Das alte Sprichwort „Wer auffährt hat Schuld“ beruht auf dem sogenannten Anscheinsbeweis. Dieser geht bei typischen Verkehrssituationen von einem alleinigen Verschulden des Auffahrenden aus. Der Bundesgerichtshof hat am 20.11.2010 entschieden, dass der Anscheinsbeweis grundsätzlich auch auf Autobahnen anwendbar sei. Allerdings gelte dies nur, wenn unstreitig oder beweisen sei, dass sich der Auffahrende schon eine gewisse Zeit hinter dem Fahrzeug befunden hat, auf das er schließlich aufgefahren ist. Ist dem Unfall also ein Fahrspurwechsel des Fahrzeugs, auf das aufgefahren wurde, vorausgegangen, kommt es auf den jeweiligen Einzelfall an. Nach § 7 Abs. 5 StVO darf ein Fahrspurwechsel nur dann vorgenommen werden, wenn eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Kann nicht geklärt werden, ob nach einem Fahrspurwechsel dem dahinter fahrenden Fahrzeugführer genügend Zeit zur Verfügung stand einen ausreichenden Sicherheitsabstand herzustellen, komme ein Anscheinsbeweis nach Ansicht des Gerichts jedenfalls nicht zur Anwendung. Daher sei dann bei der Nichterweislichkeit des genauen Unfallhergangs eine hälftige Schadensteilung nicht zu beanstanden. Gerade bei unklaren Verkehrsunfällen sollten Sie sich nach einem Unfall sofort rechtlich beraten lassen. Weitere Informationen zum Verkehrsrecht unter: www.kanzlei-ewert.de