Muss der Arbeitgeber mir auch den Lohn im Krankheitsfall fortzahlen, wenn ich mich bei einem einmaligen Wutausbruch im Betrieb selbst verletze? – Leserfrage Blickpunkt Potsdam
Muss der Arbeitgeber mir auch den Lohn im Krankheitsfall fortzahlen, wenn ich mich bei einem einmaligen Wutausbruch im Betrieb selbst verletze?
Ja. Das Hessische Landesarbeitsgericht hat in seiner Pressemitteilung vom 18.11.2013 auf ein Urteil vom 23.07.2013 hingewiesen. Im entschiedenen Fall hatte ein Gabelstaplerfahrer eines Baumarktes selbst ein Plexiglasdach am Gabelstapler befestigt, um bei der Arbeit vor Regen geschützt zu sein. Bei einer Prüfung wies ihn der Sicherheitsbeauftragte des Betriebes an das Dach wieder abzubauen. Daraufhin wurde der Mitarbeiter so wütend, dass er mehrmals mit der Faust gegen ein Schild schlug und sich dabei die Hand brach. Der Arbeitgeber weigerte sich Lohnfortzahlung für die sechswöchige Arbeitsunfähigkeit zu leisten, die aus der Verletzung resultierte. Das Gericht verurteilte den Arbeitgeber jedoch zur Entgeltfortzahlung. Ein Ausschluss der Entgeltfortzahlung erfordere vielmehr einen groben Verstoß gegen das eigene Interesse eines verständigen Menschen. Damit werden nur Handlungen erfasst, bei denen der Arbeitnehmer grob fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt hat. Nach Ansicht der Richter sei hier nicht zu erkennen gewesen, dass der Mitarbeiter seine Verletzung bewusst herbeigeführt habe. Er hätte zwar damit rechnen müssen, dass er mit den Schlägen auf das Schild Verletzungen riskiert. Nach Meinung des Gerichts spreche jedoch gegen eine grobe Fahrlässigkeit, dass der Mitarbeiter aus Wut und Erregung kurzzeitig die Kontrolle über sein Handeln verloren habe. Weitere Informationen zum Arbeitsrecht unter: www.kanzlei-ewert.de; Der Autor ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein.