Liegt bei einer Vorfahrtsverletzung und einem daraus resultierenden Unfall das alleinige und volle Verschulden stets bei dem Fahrzeugführer der die Vorfahrt missachtet? – Leserfrage Blickpunkt Potsdam
Liegt bei einer Vorfahrtsverletzung und einem daraus resultierenden Unfall das alleinige und volle Verschulden stets bei dem Fahrzeugführer der die Vorfahrt missachtet?
Nein, es kann durchaus eine Mithaftung des Fahrzeugführers angenommen werden, dem die Vorfahrt genommen wird. So hat auch das Oberlandesgericht Stuttgart am 21.04.2010 entschieden. Ein Vorfahrtsberechtigter hat im Kreuzungsbereich ein Fahrzeug wahrgenommen, welches aus einer Anliegerstraße kam. Der Fahrzeugführer hat angegeben, dass er noch gehofft habe, dass das andere Fahrzeug anhält. Zudem ist er nicht äußerst rechts gefahren. Aufgrund dieser Umstände hat das OLG Stuttgart ein Mitverschulden in Höhe von einem Drittel angenommen. Die Richter waren der Ansicht, dass der Unfall für den Vorfahrtsberechtigten nicht unabwendbar war. Bei vorsichtiger Fahrweise hätte der Unfall nach Meinung des Gerichts vermieden werden können. Alleine aus dem Umstand, dass es sich um eine Anliegerstraße gehandelt hat, könne auch keine erhöhte Haftung des Unfallverursachers hergeleitet werden. Es sei denn, diese Anliegerstraße sei mit einer Grundstücksausfahrt oder einem verkehrberuhigten Bereich gleichzusetzen. Damit verblieb es bei dem vom Gericht angenommenen Mitverschulden von 1/3 für den Vorfahrtsberechtigten. Lassen Sie sich nach einem Verkehrsunfall daher besser anwaltlich beraten, bevor Sie Angaben zum Unfallhergang tätigen. Weitere Informationen zum Verkehrsrecht unter: www.kanzlei-ewert.de