Dürfen auch die im Gesetz vorgesehenen längeren Kündigungsfristen arbeitsvertraglich verkürzt werden? – Leserfrage Blickpunkt Potsdam

Geschrieben in Arbeitsrecht,Leserfragen von Thomas Ewert 18.09.2010

Artikel_18_09_10Dürfen auch die im Gesetz vorgesehenen längeren Kündigungsfristen arbeitsvertraglich verkürzt werden?

Nein, dies hat das Hessische Landesarbeitsgericht mit seinem Urteil am 14.06.2010 entschieden. Das Gesetz sieht in § 622 Abs. 2 BGB bei längerer Betriebszugehörigkeit jeweils längere Kündigungsfristen vor, die der Arbeitgeber einhalten muss. Nach Ansicht des Gerichts sei eine vertragliche Verkürzung der Kündigungsfrist unwirksam. § 622 Abs. 5 BGB erlaube zwar unter bestimmten Voraussetzungen eine Verkürzung der Kündigungsfrist. Allerdings gelte dies nur für die Grundkündigungsfrist des § 622 Abs. 1 BGB und nicht für die verlängerten Kündigungsfristen bei längerer Betriebszugehörigkeit. Das Gericht führte aus, dass die verlängerten Kündigungsfristen auf der Einschätzung des Gesetzgebers beruhen würden, dass Arbeitnehmer mit zunehmender Beschäftigungsdauer eine erhöhte soziale Schutzbedürftigkeit aufweisen. Dieser Schutzzweck würde leerlaufen, wenn hiervon durch einzelvertragliche Vereinbarung abgewichen werden könnte. Eine Verkürzung der Kündigungsfrist durch einen Tarifvertrag bleibe möglich und es liege auch keine Benachteiligung nicht tarifgebundener Arbeitsvertragsparteien vor. Im Geltungsbereich eines Tarifvertrages könnten diese die Übernahme der tarifvertraglichen Regelungen im Arbeitsvertrag vereinbaren. Beachten Sie bei einer Kündigung stets die dreiwöchige Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage, auch wenn mit falscher Frist gekündigt wurde. Ansonsten kann auch eine unwirksame Kündigung wirksam werden. Weitere Informationen zum Arbeitsrecht unter: www.kanzlei-ewert.de


Kann Falschgeld in der Kasse zu einer fristlosen Kündigung des Arbeitnehmers führen, der für die Kasse zuständig ist? – Leserfrage Blickpunkt Potsdam

Geschrieben in Arbeitsrecht,Leserfragen von Thomas Ewert 04.09.2010

Artikel_04_09_10Kann Falschgeld in der Kasse zu einer fristlosen Kündigung des Arbeitnehmers führen, der für die Kasse zuständig ist?

Hier kommt es entscheidend auf die Umstände des Einzelfalles an. Das Landesarbeitsgericht Hamm hat am 26.08.2010 entschieden, dass eine außerordentliche Kündigung durchaus gerechtfertigt sein kann, wenn Falschgeld in der Kasse vorhanden ist. Im entschiedenen Fall war es jedoch eine große Zahl von falschen Geldscheinen, die nach Ansicht des Gerichts zudem noch ohne Weiteres als Fälschungen zu erkennen gewesen seien. Das Gericht führte in seiner Pressemitteilung aus, dass die Vorder- und Rückseite der Geldscheine offenkundig zusammengeklebt waren und sich die Scheine farblich von den echten Geldscheinen unterschieden. Zudem waren die Ränder ungleichmäßig. Dadurch bestünde der dringende Verdacht, der Arbeitnehmer hätte die Geldscheine selbst in die Kasse gelegt und gegen echte Geldscheine ausgetauscht. Gerade wegen der gleichen Herstellung der Scheine sei auch ausgeschlossen, dass das Falschgeld von unterschiedlichen Leuten eingezahlt worden sei. Vor einer solchen „Verdachtskündigung“ muss der Arbeitgeber jedoch den betroffenen Arbeitnehmer anhören und ihm die Indizien, die gegen ihn sprechen offenlegen. Zudem muss es sich bei der Pflichtverletzung, die dem Arbeitnehmer vorgeworfen wird um einen gravierenden Verstoß handeln. Betroffene sollten sich anwaltlich beraten lassen. Weitere Informationen zum Arbeitsrecht unter: www.kanzlei-ewert.de