„Wer Auffährt hat Schuld“, gilt dies auch wenn ich auf der Autobahn auf ein Fahrzeug auffahre, dass kurz zuvor die Fahrspur gewechselt hat? – Leserfrage Blickpunkt Potsdam

Geschrieben in Leserfragen,Verkehrsrecht von Thomas Ewert 25.06.2011

Artikel_25_06_11„Wer Auffährt hat Schuld“, gilt dies auch wenn ich auf der Autobahn auf ein Fahrzeug auffahre, dass kurz zuvor die Fahrspur gewechselt hat?

Das alte Sprichwort „Wer auffährt hat Schuld“ beruht auf dem sogenannten Anscheinsbeweis. Dieser geht bei typischen Verkehrssituationen von einem alleinigen Verschulden des Auffahrenden aus. Der Bundesgerichtshof hat am 20.11.2010 entschieden, dass der Anscheinsbeweis grundsätzlich auch auf Autobahnen anwendbar sei. Allerdings gelte dies nur, wenn unstreitig oder beweisen sei, dass sich der Auffahrende schon eine gewisse Zeit hinter dem Fahrzeug befunden hat, auf das er schließlich aufgefahren ist. Ist dem Unfall also ein Fahrspurwechsel des Fahrzeugs, auf das aufgefahren wurde, vorausgegangen, kommt es auf den jeweiligen Einzelfall an. Nach § 7 Abs. 5 StVO darf ein Fahrspurwechsel nur dann vorgenommen werden, wenn eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Kann nicht geklärt werden, ob nach einem Fahrspurwechsel dem dahinter fahrenden Fahrzeugführer genügend Zeit zur Verfügung stand einen ausreichenden Sicherheitsabstand herzustellen, komme ein Anscheinsbeweis nach Ansicht des Gerichts jedenfalls nicht zur Anwendung. Daher sei dann bei der Nichterweislichkeit des genauen Unfallhergangs eine hälftige Schadensteilung nicht zu beanstanden. Gerade bei unklaren Verkehrsunfällen sollten Sie sich nach einem Unfall sofort rechtlich beraten lassen. Weitere Informationen zum Verkehrsrecht unter: www.kanzlei-ewert.de


Können spontane Äußerungen, die ich in der Aufregung nach einem Unfall getätigt habe, später gegen mich verwendet werden? – Leserfrage Blickpunkt Potsdam

Geschrieben in Leserfragen,Verkehrsrecht von Thomas Ewert 11.06.2011

Artikel_11_06_11Können spontane Äußerungen, die ich in der Aufregung nach einem Unfall getätigt habe, später gegen mich verwendet werden?

Das Saarländische Oberlandesgericht hat am 01.03.2011 entschieden, dass solche spontanen Äußerungen zumindest nicht als Schuldanerkenntnis gewertet werden dürfen, so dass alleine die Aussage nicht ausreicht ein alleiniges Verschulden zu begründen. Das Gericht ist der Auffassung, dass spontane Äußerungen eines Beteiligten an der Unfallstelle über die Schuldfrage zurückhaltend zu beurteilen seien und nicht zu einer vollständigen Beweislastumkehr führen können. Im entschiedenen Fall hatte die Fahrerin sich zudem geweigert ein vom Unfallgegner an der Unfallstelle gefertigtes schriftliches Anerkenntnis über die alleinige Schuld am Unfall zu unterzeichnen. Allerdings haben die Richter im Urteil auch klargestellt, dass im Rahmen der Beweiswürdigung des Gerichts zu den Unfallumständen einer solchen spontanen Aussage nach dem Unfall trotzdem eine sehr starke Indizwirkung zukommt. Faktisch wird eine unbedachte und in der Aufregung nach einem Unfall getätigte Aussage damit also vom Gericht zumindest bewertet. Es muss also später konkret dargelegt werden warum die Aussage nach dem Unfall falsch war. Es kann daher nur geraten werden nach einem Unfall ruhig zu bleiben, selber Beweise zu sichern und erst einmal keine Angaben zum Unfallhergang zu tätigen. Weitere Informationen zum Verkehrsrecht unter: www.kanzlei-ewert.de